„Das Schaufenster ist wie ein Bühnenbild, die Akteure sind die Schaufensterpuppen.“

17:28

Kathrin Maier und Inge Holzbauer
Foto: Ricarda Datz


Heute die neueste Sommerkollektion im Schaufenster, morgen hochwertige Abendkleider: Für Schaufensterdekorateure ist kaum ein Arbeitstag wie der andere. Sie dekorieren Auslageflächen in Kaufhäusern, Modeboutiquen oder Schaufenster und präsentieren Waren so, dass potenzielle Käufer auf ein Produkt aufmerksam werden.
Über diesen vielseitigen Beruf und die Anforderungen an einen Schaufensterdekorateur sprachen mit uns Kathrin Maier und Inge Holzbauer des Traditionskaufhauses Ludwig Beck. 

Wie lange sind Sie schon als Schaufensterdekorateurinnen tätig?


Kathrin Maier: Ich bin die Dekoleitung bei Ludwig Beck. Seit acht Jahren arbeite ich hier, zuvor war ich auch schon in diversen anderen Unternehmen in der Deko tätig. Wir haben hier ein Team von mehreren Leuten, Grafik, Azubis und Dekorateure und wir betreuen das gesamte Haus. 

Inge Holzbauer: Ich bin seit fast 30 Jahren hier im Betrieb und habe hier meine Lehre gemacht. Bis auf paar Jahre bin ich immer hier gewesen. Ich habe viel gesehen und auch die Entwicklung des Hauses mitgetragen. 

Wie kamen Sie auf den Beruf des Schaufensterdekorateurs? 

Inge Holzbauer: (lacht) Ach das liegt ja jetzt schon ein paar Jahre zurück. Mein Bild eines Schaufensterdekorateurs war früher immer ein weißer Kittel und Stecknadeln am Handgelenk. Nie hatte ich damit gerechnet selbst Dekorateur zu werden. Bis ich dann ein Praktikum hier bei Ludwig Beck im Dekoteam gemacht habe und dann auch die Abläufe kennengelernt habe. Ich habe daraufhin mein Studium hingeworfen und wurde Dekorateurin. 

Kathrin Maier: Nach der Schule war mir klar, ich möchte etwas Kreatives machen und handwerklich tätig sein. Das Berufsbild des Schaufensterdekorateurs hat mir hierbei am meisten zugesagt, da beides miteinander verbunden ist. 

Welche Ausbildungswege gibt es, um Dekorateur zu werden?

Kathrin Maier: Es gibt den ganz klassischen Weg als Ausbildung zum Dekorateur. Jedoch denke ich, gibt es auch Möglichkeiten quer einzusteigen. Das Berufsbild hat sich in den letzten Jahren verändert, das VM (Visual Merchandising), also die Warenpräsentation auf der Fläche im Laden ist auch ein immer stärker werdender Anteil. 
Oft gibt es auch Leute aus dem Verkauf, die sich an Schulen weiterbilden und dann in den Dekobereich gelangen.

Inge Holzbauer: Wir arbeiten hier noch sehr handwerklich, es wird gesägt, geschraubt und genagelt. Daher würde ich sagen, eine Lehre ist essentiell in diesem Beruf. Ein wenig tapezieren, malern, spannen und mit Farben und dem Computer umgehen können, das wird in diesem Beruf erwartet. 
Man kann jedoch auch ein längeres Praktikum machen und einen Dekorateur begleiten und das Handwerk erlernen. Zum Beispiel kann man hier in München bei Peter Rang sehr gut lernen, er hat oft Assistenten und Praktikanten. 

Was sollte ein Schaufensterdekorateur mitbringen, damit Sie ihn einstellen? 

Kathrin Maier: Mir ist immer ganz wichtig, dass sie eine gewisse Begeisterung und Leidenschaft mitbringen. 
Aber auch einen Sinn für Mode, da wir ein Modekaufhaus sind. Grundsätzlich sollte es ein interessierter Mensch sein, der sich für alles interessiert und offen für Neues ist. 
Es sind die Einflüsse, was um uns herum passiert, dies wird aufgeschnappt und dann auf die Dekoration übertragen. Es ist wichtig, dass sich der Dekorateur vielseitig interessiert, ganz egal ob im Gastronomiebereich, in der Kunst, Reisen oder verschiedene Kulturen was auch immer , er sollte open- minded sein.
Ganz wichtig, ist immer einen kritischen Blick auf das Ganze zu haben. Das Hinterfragen und kritisch beäugen, bringt einen weiter.

Inge Holzbauer: Als Dekorateur sollte man immer etwas Neues suchen. Mit dem Suchen meine ich, immer offene Augen haben. Hat man etwas verloren, macht man auch die Augen auf und schaut in jeder Ecke. Und so sollten wir es auch tun. 


Schaufenster von Ludwig Beck
Foto: we love pr

Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag für Sie aus? 

Inge Holzbauer: Wir beginnen den Tag um neun Uhr, das erste was wir machen, wir entstauben die Dekoration. Jeder hat eine Etage zu erledigen, hier werden die Produkte und Schaufenster auf Staub, oder vielleicht fällt auch über Nacht mal etwas um, kontrolliert. Weiter geht es dann mit der Einteilung des Teams. Jeder bekommt sein Aufgabengebiet. Wir arbeiten hier Hand in Hand und es ist kein ,,lone wolf“ Beruf. 


Kathrin Maier: Es gibt dann eben auch Vorbereitungssachen, wenn man weiß ein Fenster oder eine Etage werden umgebaut. Oder auch neue Konzepte für ein Schaufenster müssen erstellt werden. 


Oft wird gesagt, Dekorateure bekommen alles von ,,Oben“ vorgeschrieben, wie die Schaufenster aussehen müssen und bringen nur wenig bis gar kein eigenes Schaffen mit ein, stimmt das? 

Kathrin Maier: Die Hauptthemen, von denen wir vier Stück im Jahr haben und welche sich durch das ganze Haus ziehen, diese Themen werden natürlich in der Bereichsleiterebene abgestimmt, natürlich in Absprache mit dem Einkauf und der Presseabteilung. Schließlich die Ausarbeitung des Konzepts und die Ideen für das Fenster, dies passiert dann innerhalb unserer Abteilung. Hierbei ist jeder des Teams gefragt und kann seine Ideen, Vorschläge und Kreativität miteinbringen. Auch die Wahl der Looks liegt in unserer Entscheidung. 

Durch welche Hilfsmittel wird die Kleidung am Besten in Szene gesetzt?

Inge Holzbauer: Ganz wenig! Bisschen Tesafilm und Stecknadeln. 
Kathrin Maier: Ein gutes Dämpfgerät und Bügeleisen. Eine gute Warenbehandlung an der Figur selbst.

Das perfekte Schaufenster, wie müsste dies aussehen? 

Kathrin Maier: Ich glaube es gibt nicht ein einziges perfektes Schaufenster. Unser Anspruch ist es, viele gute Schaufenster zu machen. Viele Faktoren sind hierfür verantwortlich, Lichtverhältnisse, die Ware und natürlich auch das Thema. Letztendlich ist es eine Emotionalität, durch das Schaufenster kommunizieren wir mit dem Kunden. Man möchte ihn berühren und erreichen und ein gewisses Gefühl transportieren. 

Inge Holzbauer: Kurz gesagt, ein gutes Schaufenster ist: Vor dem der Kunde  stehen bleibt. Oft sieht man Leute die von unserem Schaufenster ein Foto machen oder ein Selfie davor, dann haben wir auch alles richtig gemacht. 


Foto: we love pr

Wovon lassen ihr Team und Sie sich inspirieren?

Inge Holzbauer: Wir lassen uns von der ganzen Welt inspirieren. Egal wo man ist, man nimmt überall Ideen mit. Natürlich auch beim Blättern von Zeitschriften oder wenn  wir im Kino waren, ein tolles Video gesehen haben, ich mache einfach immer sofort ein Foto davon oder speichere es im Kopf ab und berichte meinem Team davon. 
Auch Kunstausstellungen sind eine ganz große Quelle für Inspirationen.


Der Internethandel wächst, wird die Schaufensterdekoration unwichtig? 


Kathrin Maier: Die Schaufensterdekoration wird gerade dadurch wichtiger. 
Hierzu gab es eine gute Aktion in Haidhausen, hier wurden die Schaufenster verklebt und der Spruch ,,So sieht es aus, wenn wir alle mal nicht mehr da sind“ angebracht, Es würde das Stadtbild um einiges trister und ärmer machen, einfach tot und nicht mehr lebendig. Es ist wichtig, dass Menschen zusammen kommen und zwischenmenschliche Beziehungen stattfinden. Das ist einfach schöner, wie wenn ich zu Hause alleine vor meinem Computer sitze. 

Inge Holzbauer: Deshalb legen wir uns jeden Tag ins Zeug damit wir etwas bieten können und die Leute etwas zu Entdecken haben. 
Window-Shopping  ist doch einfach etwas Schönes und etwas sehr inspirierendes. Ich denke schon, dass wir hier noch unsere Berechtigung haben. 


Vielen Dank für das Gespräch, Kathrin Maier und Inge Holzbauer! 


VON RICARDA DATZ

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